Der Bundesrat hat heute die Botschaft zum Bundesgesetz über den Um- und Ausbau der Stromnetze (Strategie Stromnetze) verabschiedet und dem Parlament zur Beratung überwiesen. Die Vorlage, die Änderungen des Elektrizitätsgesetzes und des Stromversorgungsgesetzes beinhaltet, verbessert die Rahmenbedingungen und damit die Voraussetzungen für die Optimierung und die rechtzeitige und bedarfsgerechte Entwicklung der schweizerischen Stromnetze.
Im Schweizer Übertragungsnetz bestehen heute Engpässe, die sich durch den stockenden Netzausbau weiter akzentuieren werden. Die vermehrt dezentrale Energieversorgungsstruktur stellt zudem erhöhte Anforderungen an die Verteilnetze und an das Zusammenwirken von Übertragungsnetz und Verteilnetzen. Diese Herausforderungen erfordern eine Optimierung sowie eine rasche Entwicklung und Flexibilisierung des Stromnetzes.
Aus diesem Grund hatte der Bundesrat im Mai 2012 den Entscheid gefällt, eine Strategie zur Entwicklung der Stromnetze (Strategie Stromnetze) erarbeiten zu lassen. Das Detailkonzept wurde im Juni 2013 vom Bundesrat verabschiedet, worauf das UVEK eine Gesetzesvorlage ausarbeitete, die vom 28. November 2014 bis 16. März 2015 in der Vernehmlassung war. Dazu gingen insgesamt 134 mehrheitlich zustimmende Stellungnahmen ein. Aufgrund der detaillierten Rückmeldungen (> siehe Ergebnisbericht im Anhang) wurde die Vorlage in einzelnen Punkten überarbeitet und präsentiert sich nun insbesondere in den Bereichen Netzplanung und Kommunikation schlanker und mit einem reduziertem Umsetzungsaufwand.
Die vier Kernpunkte der Strategie Stromnetze
1. Vorgaben für die Optimierung und Entwicklung der Schweizer Stromnetze
Vorgehen und Instrumente werden definiert und der Prozess der Netzentwicklung besser strukturiert. Ein energiewirtschaftlicher Szenariorahmen wird erarbeitet. Die ElCom bestätigt den Bedarf für Leitungsvorhaben des Übertragungsnetzes (Netzebene 1) vorab. Netzbetreiber und Behörden werden zur Koordination verpflichtet sowie Planungsgrundsätze für Netzbetreiber festgelegt. Mit der gesetzlichen Verankerung des NOVA-Prinzips (NetzOptimierung vor Verstärkung vor Ausbau), sollen Netzoptimierungen mittels intelligenten Netzlösungen vor Netzverstärkungen bzw. Netzausbauten realisiert werden.
2. Optimierung Bewilligungsverfahren für Leitungsprojekte
Die Verfahrensdauer für Leitungsvorhaben auf Netzebene 1 soll von heute durchschnittlich 5 bis 13 Jahren auf 4 bis 8 Jahre verkürzt werden. Es werden Regelungen der räumlichen Koordination festgelegt. Die Vorlage beinhaltet auch die Möglichkeit, verwaltungsexterne Personen mit der Durchführung von Plangenehmigungsverfahren (ohne Entscheidungsbefugnis) zu beauftragen sowie auf Antrag des Netzbetreibers Projektierungszonen und Baulinien festzulegen.
3. Kriterien und Vorgaben für Entscheidungsfindung «Kabel oder Freileitung»
Es werden Kriterien für den Technologieentscheid im Übertragungsnetz (Netzebene 1) festgelegt. Weiter sind Leitungsvorhaben auf der Verteilnetzebene (Netzebenen 3-7) grundsätzlich als Erdkabel auszuführen, sofern sie einen bestimmten Mehrkostenfaktor (Mehrkosten gegenüber einer Freileitung, siehe unten) nicht überschreiten.
4. Verbesserung der Akzeptanz und Transparenz von Leitungsprojekten
Das Bundesamt für Energie (BFE) informiert die Öffentlichkeit über die Netzentwicklung und die Möglichkeiten zur Mitwirkung in den Verfahren. Die Kantone informieren über wichtige regionale Aspekte der Netzentwicklung in ihrem Kantonsgebiet. Die nationale Netzgesellschaft Swissgrid orientiert über die Notwendigkeit und Begründung der Projekte im Übertragungsnetz und über deren Stand.
Mehrkostenfaktor
Die Strategie Stromnetze führt den Mehrkostenfaktor ein. Dieser wird vom Bundesrat festgelegt und kann maximal 3,0 betragen. Die Gesamtlänge der zu verkabelnden Leitungskilometer und die daraus entstehenden Kosten hängen massgeblich vom Mehrkostenfaktor ab. Bei einer weitgehenden Verkabelung der Netzebenen 3 und 5 (Annahme Mehrkostenfaktor 3,0) fallen bis 2050 Kosten von rund 7,2 Milliarden Franken an. Bei einer weniger umfangreichen Verkabelung (Annahme Mehrkostenfaktor 1,5) ergeben sich bis 2050 Mehrkosten von rund 5,0 Milliarden Franken.
Netzkosten
Durch den Ausbau der dezentralen Stromproduktion, der mit der Umsetzung der Energiestrategie 2050 weiter ansteigen würde, fallen in den Verteilnetzen Mehrkosten von rund 12,7 Milliarden Franken an. Gleichzeitig würden jedoch die in der Energiestrategie 2050 vorgesehenen Effizienzmassnahmen den Lastzuwachs und damit die Kosten in den Verteilnetzen um 3,4 Milliarden Franken senken. Weitere Kosten von rund 1,3 Milliarden ergeben sich durch die Einführung intelligenter Messsysteme bis 2050.
Die Mehrkosten, welche sich durch den Ausbau der dezentralen Produktion und die vorliegende Gesetzesvorlage insgesamt ergeben können, belaufen sich damit inklusive der Verkabelungskostenvon rund 7,2 Milliarden Franken (bei Mehrkostenfaktor 3.0) auf rund 18 Milliarden Franken bis 2050. Diese Kosten variieren je nach Szenario des Zubaus erneuerbarer Energien und je nach Höhe des Mehrkostenfaktors.